Ach ja, da habe ich mir ja diesmal ein Thema ausgesucht, da bekomme ich wahrscheinlich von allen Seiten Gegenwind. Denn leider sind da die Meinungen doch sehr verhärtet.

Zum einen gibt es die Befürworter des Züchtens.
Wenn man im Internet ein wenig nach „Reitsport Züchten oder Vermehren“ recherchiert, kommt man unweigerlich auf eine Vielzahl von Seiten, die das Züchten über alles stellen. Als kritischer Mensch habe ich mir mal ein paar Seiten angeschaut und habe festgestellt, dass es sich dabei überwiegend um Seiten handelt, deren Betreiber irgendetwas mit Pferdezucht zu tun hat. Das ist (aus mehreren Gründen) ganz normal. Zum einen möchten diese Menschen natürlich Ihre eigene Arbeit qualitativ hervorheben. Durchaus verständlich. Zum anderen ist die Pferdezucht mittlerweile praktisch ausschließlich in privater Hand. Es gibt zwar noch einige Staatsgestüte, aber der Großteil besteht aus privaten oder gewerblichen Züchtern. Und die suchen natürlich auch über das Internet Interessenten für Ihre Produkte. Bitte nicht über das Wort Produkte ärgern, das habe ich mit Bedacht gewählt. Denn hier stehen natürlich (auch) wirtschaftliche Interessen im Vordergrund. Von der Zucht alleine kann man sicherlich nicht seinen Lebensunterhalt bestreiten, man muss die Tiere auch verkaufen.

Aber schauen wir und doch einmal zusammen an, wie Züchter überhaupt arbeiten, denn da gibt es doch deutliche Unterschiede.
– Bei der Reinzucht werden Tiere gleicher Rasse miteinander gepaart. Sowohl das Aussehen als auch die Charaktereigenschaften der Tiere ähneln sich sehr. Problematisch ist hierbei der Erhalt der genetischen Vielfalt. Stichwort Inzucht. Das kennen wir ja schon von anderen Tieren. Spontan fällt mir der allseits beliebte Schäferhund ein, der oftmals über Hüftprobleme klagt.
– Bei der Veredelung werden gezielt Tiere mit bestimmten Eigenschaften zur Veredelung eingesetzt. Ziel ist es hier, die positiven Eigenschaften zu übertragen. Böse Zungen bzw. Anhänger der Reinzucht könnten in diesem Zusammenhang über rein zufälliges Einkreuzen lästern. Auch das kennen wir schon aus der Hundezucht. Da gibt es ja den „berühmten“ Labradoodle“, den einige für eine tolle Errungenschaft halten, andere als Mischling abtun. Zumindest hat man in diesen Fällen keine Probleme mit Inzucht.
– Und dann gibt es noch die Kreuzung. Hier werden zwei Rassen miteinander vermischt, um nach Möglichkeit gewünschte, positive Eigenschaften beider Rassen zu vereinen. Später werden dann immer wieder die Ursprungsrassen hereingekreuzt.

Soweit die Fakten. Auf den Seiten der Züchter wird dann noch (mehr oder weniger ausgiebig) die einzelnen Schritte bei der Zucht angeführt. Das ist schon geschickt und werbewirksam. Denn nur wenn dem (potentiellen) Kunden die Arbeit und der Aufwand verdeutlicht wird, ist dieser bereit einen höheren Preis zu bezahlen. Ob man dann wirklich ein besseres Pferd erwirbt bleibt allerdings in der Glaskugel. Denn viel Arbeit heißt ja nicht automatisch auch ein gutes Resultat.

Zum anderen gibt es noch die Anhänger der Vermehrung.
Dieses, auch als Einkreuzen bezeichnete Verfahren, ist im Grunde uralt. Bereits in grauer Vorzeit wurden Pferde vermehrt (von Züchten wie man es heute versteht, kann man da eigentlich nicht reden). Hierbei wurden Tiere zur Zucht ausgewählt, deren Eigenschaften man erhalten oder verstärken wollte. Um die genetische Vielfalt zu erhalten wurden auch Tiere aus entfernten Regionen eingekreuzt. Wenn man es genau überlegt haben die Leute sich damals schon etwas dabei gedacht. Und die damaligen Pferde waren sicherlich widerstandsfähiger als unsere heutigen Sportpferde. Zumindest wurde den Tieren damals mehr zugemutet als heute. Damals mussten die Pferde noch ihren Hafer verdienen 😉 und wirklich schwer arbeiten.

Aber die heutigen Vermehrer kann man damit eigentlich gar nicht vergleichen. Denn heute wird oftmals wirklich ohne jegliche Fachkenntnis verpaart. Bestes Beispiel, über das regelmäßig in jeder Stallgasse gelästert wird, ist die nicht mehr reitbare Stute, die trächtig ist. Anstatt dem Tier seinen wohlverdienten Ruhestand zu gewähren, wenn es aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr geritten werden kann, heißt es dann: Ach ja, dann ziehen wir eben noch ein Fohlen. Das die Nachkommen (auch wenn Sie schön aussehen und einen guten Charakter haben) später höchstwahrscheinlich die gleichen Gesundheitsprobleme haben werden wie die Eltern, daran denkt der begeisterte Pferdenarr leider nicht.

Sie merken schon, ein recht schwieriges Thema. Hier kommen wirtschaftliche Interessen, idealistische Vorstellungen und Anhänger bestimmter Rassen denen Reinheit über alles geht zusammen. Und wahrscheinlich habe ich sogar noch einige Kriterien vergessen.

Fazit: Augen auf beim Pferdekauf. Lassen Sie sich nicht von der Vielzahl von Informationen eines Züchters blenden, der nur einen möglichst hohen Preis erzielen will. Und lassen Sie sich auch nicht von irgendwelchen Privatpersonen für dumm verkaufen, nur weil die Ihren Nachwuchs gewinnbringend an den Mann oder Frau bringen wollen. Am besten Sie ziehen jemanden zu Rate, der sich seit Jahren mit dem Reitsport und somit auch mit Pferden befasst. Und bei der Ankaufuntersuchung durch einen vertrauten, seriösen Tierarzt hat man ja schon einen fachkundigen Ansprechpartner. Aber nehmen Sie einen Tierarzt, dem Sie wirklich vertrauen und schon länger kennen. Einen Tierarzt, den Sie bei der Ankaufuntersuchung erst kennenlernen, von dem können Sie u.U. kein offenes Wort erwarten.